Die Corona-Pandemie beschäftigt uns noch immer täglich. Wir haben uns mit einigen Burgebracher Unternehmerinnen und Unternehmern unterhalten, um zu erfahren, wie sie die Situation erleben. Heute im Interview: Simone Spörlein, Geschäftsführerin von Spörlein Bus & Reisen e.K..

Simone Spörlein, Geschäftsführerin
Spörlein Bus & Reisen e.K.

Simone Spörlein, Geschäftsführerin

Die Reisebranche wurde von der Coronakrise besonders hart getroffen. Wie habt Ihr die letzten Wochen und Monate erlebt?

Ab dem 16. März ging es für uns los mit einem Berufsverbot im Busbereich. Wochenlang kein Schulverkehr, die öffentlichen Linien wurden zunächst eingestellt und der Reiseverkehr ja sowieso. Normalerweise hätte für uns mit dem Osterfest die Reisesaison angefangen – stattdessen mussten wir unsere Mitarbeiter Anfang April in (Teil-) Kurzarbeit schicken. 

Wir hatten dann noch das Glück, dass wir im öffentlichen Personennahverkehr im Bereich Bamberg/Ebrach/Aschbach systemrelevant sind. Wir haben also den Linienverkehr bedient, allerdings gab es natürlich auch hier starke Einschränkungen. Unter anderem wurden die Fahrten stark reduziert und aufgrund der Ansteckungsgefahr konnten wir kein Geld von den Fahrgästen kassieren. 

Einige Busanmietungen hatten wir auch noch im Bereich der Rückholung. Im Auftrag des Staates durften wir im kritischen Zeitraum noch den Flughafen Nürnberg anfahren und die zurückgekehrten Fluggäste deutschlandweit an ihre Zielorte bringen.

Der Schulbetrieb hat nach den Osterferien, am 27. April, langsam wieder angefangen. Allerdings müssen wir hier sehr spontan sein und wöchentlich neu planen. Die Unterrichtszeiten werden immer wieder angepasst, aktuell findet beispielsweise noch kein Nachmittagsunterricht statt. 

Busreisen für touristische Zwecke sind erst seit dem 30. Mai wieder erlaubt. Am 1. Juni hat unsere erste Tagesfahrt stattgefunden – wir waren mit zwei Bussen in Unterfranken. Aktuell ist es, aufgrund der Schutz- und Hygienebestimmungen, sehr schwierig touristische Busreisen umzusetzen. Aufgrund des Mindestabstandes von 1,50 Metern können pro Bus nur etwa ein Drittel der Sitzplätze belegt werden. Im Linienverkehr dagegen, dürfen die Busse vollbesetzt werden. Hier wird unsere Branche in meinen Augen sehr stark diskriminiert.

Ich bin mir sicher, dass nicht jede Fahrt im (Fern)Linienverkehr aus geschäftlichen oder anderen dringenden Gründen stattfindet. Für mich ist es also unverständlich, weshalb es erlaubt ist, mit dem vollbesetzten Fernlinienbus zu verreisen, in touristischen Reisebussen aber nur mit 1,5 Metern Abstand.

Im Reisebürobereich trifft uns die Coronakrise aber sogar noch stärker als im Omnibusbereich. Unser einziges „Glück“ dabei ist, dass das Reisebüro bei uns nur an das Busunternehmen angehängt ist und somit nur einen relativ kleinen Teil ausmacht. Wenn das Reisebüro eigenständig wäre, hätte ich – offen gestanden – schon über eine Schließung nachgedacht. In diesem Bereich haben wir ohnehin schon geringe Margen.

Neubuchungen sind wochenlang komplett weggefallen, regenerieren sich nur extrem langsam. Gleichzeitig sind unsere Mitarbeiter/innen im Büro voll damit beschäftigt, Reisen zu stornieren und die Kunden aufzuklären bzw. zu vertrösten bis sie ihr Geld von den Veranstaltern zurückerhalten. Gerade im Flugbereich können Erstattungen bis zu einem halben Jahr dauern.


Wie haben Eure Kundinnen und Kunden auf die Stornierungen und Einschränkungen reagiert? Seid Ihr eher auf Verständnis gestoßen oder hat der Ärger überwogen?

Da sind unsere Kundinnen und Kunden glücklicherweise ganz auf unserer Seite bzw. auf der Seite der Sicherheit gewesen. Allerdings haben wir uns auch gegen Verschiebungen und Gutscheine entschieden, sondern unseren Kunden für alle abgesagten Fahrten das Geld zurückerstattet. Anders wäre das Problem für uns nur aufgeschoben und nicht gelöst gewesen. 



Hattet Ihr auch besonders extreme Fälle, zum Beispiel Urlauber, die im Hotel quarantänebedingt festsaßen?

Wirklich problematisch war glücklicherweise nur ein Fall: Zwei Kunden haben bei uns eine Paraguay-Reise gebucht. Sie wären eigentlich Mitte März mit einem Direktflug zurückgekommen. Nachdem sich bereits abgezeichnet hat, dass der dortige Flughafen schließen wurde, wollten sie früher zurückfliegen. Die ursprünglich gebuchte Airline hat unseren Kunden einen Flug am 20. April angeboten – glücklicherweise haben sie dieses Angebot nicht angenommen, denn die Airline hat den Flugbetrieb bis heute noch nicht wieder aufgenommen. Wir konnten unseren Kunden kurzfristig bei einer anderen Airline einen Flug buchen und sie so noch rechtzeitig zurückholen. 


In vielen Ländern gibt es nach wie vor Einreise- und Ausgangsbeschränkungen. Welche Möglichkeiten haben Urlauber aktuell?

Die Reisebeschränkungen fürs europäische Ausland sind ab kommenden Montag, 15. Juni, erst mal aufgehoben. Innerhalb Europas wird es dann wieder relativ einfach zu reisen. 

Die Tendenz der Urlauber geht aktuell erst mal dazu, mit dem Auto zu verreisen. Innerhalb Deutschlands und Österreich oder zum Beispiel nach Italien ans Meer. Der Großteil der Urlauber schreckt allerdings davor zurück, am Strand mit Mundschutz herumzulaufen – das wird von vielen nicht wirklich als Urlaub angesehen. Bei bereits gebuchten Reisen gibt es daher nach wie vor viele Umbuchungen – sowohl zeitliche Verschiebungen der geplanten Reisen als auch Änderungen der Reiseziele.

Wir haben mit den Montagstouren wieder angefangen und auch schon einige Buchungen angenommen. Das zeigt uns, dass unsere Kunden wieder raus wollen, unter Menschen sein und sich einen schönen Tag machen wollen. Unsere erste mehrtägige Reise haben wir für August geplant, dann fahren wir an die Nord- und Ostsee. Für September steht eine Wanderreise in Südtirol auf unserem Programm. Wie ihr merkt haben wir uns auch erst mal auf Deutschland und die direkte Umgebung konzentriert. Das liegt natürlich daran, dass die Lage noch sehr ungewiss ist.



Gibt es bereits Prognosen, ab wann auch Fernreisen wieder möglich sind?

Viele haben sicherlich mitbekommen, dass die Reisewarnung für mehr als 160 Nicht-EU-Länder gerade erst bis Ende August verlängert wurde. Ich denke der August wurde erst mal vorsorglich mit aufgenommen, da es sich hier um die Hauptreisesaison handelt. Ich hoffe, dass wir bis zum Herbst, vielleicht bis Oktober, zum Normalzustand zurückkehren können. Allerdings gibt es noch so viele Unklarheiten, dass verlässliche Prognosen nicht möglich sind. 


Denkst Du dass die Art zu reisen sich generell verändern wird bzw. dass die Angst und Vorsicht die Branche noch länger beeinflussen wird?

Ich denke das hängt alles sehr stark davon ab, ob die viel diskutierte zweite Welle kommt oder nicht. Grundsätzlich kann ich mir vorstellen, dass die Urlauber in Zukunft mehr Wert auf eine gute medizinische Versorgung vor Ort legen als bisher. 


Wenn ein Kunde auf Dich zukommt und überlegt, einen All-Inclusive-Cluburlaub zu buchen, was würdest Du ihm empfehlen?

Das kommt auf jeden individuell an. Wie groß ist deine Angst? Würdest du im Urlaubsland Schutzmaßnahmen (z.B. Mund-Nasen-Masken) in Kauf nehmen oder willst du deinen Urlaub uneingeschränkt genießen? Wenn du für Einschränkungen offen bist, kannst du jetzt natürlich ein super Schnäppchen machen und hast viel Platz am Strand. Was Neubuchungen angeht sind einige Veranstalter aktuell auch sehr großzügig hinsichtlich der Stornofristen. Wenn du möglichst wenig Einschränkungen willst wäre ein Ferienhaus wahrscheinlich besser geeignet als ein Cluburlaub. Aber hier beraten wir unsere Kunden natürlich gerne persönlich. 


Hat die Coronakrise für Dich persönlich auch etwas Positives mit sich gebracht?

Man hatte natürlich mehr Zeit für Dinge, die sonst gerne mal zu kurz kommen und konnte sich wieder auf das besinnen, was wirklich wichtig ist im Leben. Trotz aller Schwierigkeiten und Probleme hat die Coronasituation denke ich vielen dabei geholfen, Stress abzubauen und zu entschleunigen. Ich merke zum Beispiel auch bei unseren Mitarbeitern dass sie gelassener sind – normalerweise wäre bei uns ja jetzt Hochsaison.

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